Inbetriebnahme unserer Photovoltaik-Anlage
Ende August war es so weit – wir konnten den ersten Strom aus unserer PV-Anlage nutzen. Der Weg dahin war jedoch nicht einfach. Weiterlesen
Vor über einem Jahr haben wir bei noch sehr moderaten Energiekosten beschlossen, sämtliche geeigneten Dachflächen an unserem Standort in Radevormwald mit einer PV-Anlage zu bestücken. Die Großinvestition ist ein wichtiger Meilenstein im Rahmen unseres langfristigen Projekts „Unser Weg zur Klimaneutralität“. Im Projektverlauf stellte sich dieser Teil der Wegstrecke allerdings als holpriger Pfad durch einen wahren Dschungel aus Vorschriften, Versicherungsauflagen und Engpässen bei der Beschaffung von Komponenten heraus.
Mitte 2021 gab es hinsichtlich Bezug, Verfügbarkeit und Kosten von Energie noch kein absehbares Problem. Bei einem Strompreis von unter 5 ct pro KWh haben wir dennoch den Entschluss gefasst, eine der größten Investitionen unserer Unternehmensgeschichte durchzuführen: eine PV-Anlage mit einer Kapazität von über 2 MWp. Hiermit wollen wir ca. 20% unseres gesamten Strombedarfs klimaneutral sichern. Die hauptsächliche Motivation war zu diesem Zeitpunkt einen guten Schritt näher zur klimaneutralen Produktion zu kommen, ohne hierbei langfristig viel Geld zu verlieren.
Die Amortisationszeiten sind sehr lang, doch dank der zuverlässigen Kreditzusage unserer Volksbank Oberberg über einen KfW-Kredit und dank eines sehr gut ausgearbeiteten Angebots unseres erfahrenen Partners Winkel-Energie wagten wir den Schritt.
Kurz nach der Beauftragung taten sich in den Gesprächen mit diversen Versicherern erste Hürden auf. Konkret: zahlreiche, nicht immer nachvollziehbare, Auflagen der Brandschutz-Versicherer. Dabei wurde die Beurteilung von Brandrisiken anhand von veralteten, technischen Standards von über 10-jährigen Anlagen vorgenommen und jede kleinste Risikoerhöhung strikt abgelehnt. Nur durch intensive Verhandlungen und die Übernahme von Restrisiken auf uns, konnten wir sehr aufwendige Dachsanierungen im hohen Sechsstelligen Volumen vermeiden, die keinen erkennbaren Nutzen gebracht hätten.
Im Frühjahr 2022 folgte mit dem Engpass bei der Versorgung mit elektrischen Anlagen und Komponenten die nächste Hürde. Unser Partner Winkel Energie hatte glücklicherweise sehr vorbeugend nahezu alle kritischen Komponenten vordisponiert. Dennoch kam es zu Verzögerungen bei der Lieferung. Die erste Inbetriebnahme konnte zwar plangemäß im Mai 2022 erfolgen, jedoch zeigte sich, dass einige Bauteile defekt waren. Die Ersatzteilbeschaffung führte leider zu weiteren erheblichen Verzögerungen, da die Bauteile einer PV-Anlage unserer Leistungsklasse nicht großflächig ab Lager verfügbar sind.
Viele Ressourcen kostete uns auch das Anlagenzertifikat Typ A nach VDE 4110, das für eine PV-Anlage unserer Größenordnung benötigt wird. Die Vielzahl beteiligter Akteure und Dauer der Bearbeitung hat uns sehr überrascht. Die Bearbeitung der hierfür benötigten Unterlagen nahm nach Aussage unseres Zertifikat-Erstellers mindestens 8-12 Wochen in Anspruch. Hinzu kommt ein gravierender Engpass bei den entsprechenden Ingenieurbüros. Der Netzbetreiber im Ennepe-Ruhr-Kreis geht beispielsweise zurzeit von einer zusätzlichen Wartefrist für die Bearbeitung von mindestens sechs Monaten aus. Glücklicherweise mussten wir nicht so lange warten und Dank der sehr schnellen und flexiblen Reaktion der Stadtwerke Radevormwald konnten die Berechnungen und die Zertifikatserstellung parallel zum Austausch noch defekter Bauteile erfolgen.
Am 27.08.2022 haben wir unsere Anlage in Betrieb genommen. Durch die Zusammenarbeit mit sehr kompetenten Partnern ergab sich „nur“ eine Verzögerung von knapp drei Monaten. Leider waren dies die drei sonnenintensivsten Monate des Jahres.
Was uns dieses Projekt deutlich gezeigt hat: die Installation von Photovoltaik ist kein Selbstläufer. Ein Blick in die Praxis zeigt, ein erheblicher Kapazitätsaufbau regenerativer Energieversorgung innerhalb weniger Jahre in Deutschland scheint unmöglich. Es gibt nicht nur weiterhin sehr große Lieferengpässe und Kostenexplosionen bei Komponenten. Auch alle Installationsunternehmen, Ingenieurbüros und Energieversorger sind völlig ausgelastet. Würden wir die Investition in eine ähnliche PV-Anlage heute noch einmal starten, müssten wir mit einem Realisierungszeitraum von bis zu zwei Jahren rechnen.
Hinzu kommt, dass diese Investitionsentscheidungen unter höchster Unsicherheit in Bezug auf die Entwicklung der Energiekosten getroffen werden müssen. Was passiert in einigen Jahren, wenn bei gutem Sonnenschein in Deutschland ein Überangebot an PV-Strom vorhanden ist und der Strompreis dann ggf. sogar zeitweise wieder negativ wird? Wie rechnet sich dann eine solche Investition? Wer kann vor solchen Szenarien diese Investitionen verantworten, wenn er nicht – wie wir als Familienunternehmen – in Generationen denken kann?
Es ist überdeutlich: Wir haben noch einen weiten Weg vor uns. Wichtig ist aber, wir haben uns in Deutschland schon auf diesen Weg gemacht. Wir werden weltweit zu den ersten gehören, die auch in der energieintensiven Industrie mit regenerativen Energien versorgt sind. Bis dahin haben wir – insbesondere „Dank“ Putin – allerdings noch eine holprige Wegstrecke vor uns, auf der es gelingen muss, insbesondere unsere Kunden zu halten und mitzunehmen.