Forschungsprojekt FLECSI: flexibilisierte Prozesssteuerung
Die Kooperation mit anderen Unternehmen sowie mit Forschungseinrichtungen ist ein wichtiger Baustein in der Entwicklung neuer und der Optimierung bestehender Prozesse, die mit branchenumfassenden Problemstellungen behaftet sind. Das Forschungsprojekt FLECSI nimmt eines dieser branchenweiten Probleme in den Fokus. Weiterlesen
Stahl braucht Energie. Viel Energie! Ob bei der Gewinnung oder der Verarbeitung. Das kann man doof finden, Tatsache bleibt jedoch, dass wir ohne Stahl auf dieser Welt nicht auskommen. Stahl ist dafür aber auch einer der wenigen Werkstoffe, die sich quasi unbeschränkt recyceln lassen. Angesichts von Klimazielen und explodierender Energiepreise – zumindest hierzulande – muss es also darum gehen, den Energieverbrauch bei der Stahlerzeugung und -verarbeitung so weit wie möglich zu reduzieren, die benötigte Energie zunehmend aus regenerativen Quellen zu gewinnen und, last but not least, den eigenen Energieverbrauch optimal an den Preisschwankungen des Energiemarkts auszurichten.
Was den letztgenannten Aspekt einer kostenorientierten Energiebedarfssteuerung angeht, arbeiten die Unternehmen der Kuhn Industrie Holding unter Federführung der kuhn.innovation seit Mitte 2024 mit der Kuhn Edelstahlgießerei, ASINCO, sowie anderen Industrieunternehmen und der Universität Duisburg Essen im Rahmen eines Forschungsprojekts gemeinsam an einer Lösung: “Dynamische Bestimmung von Flexibilitätspotential für aktive Lastverschiebung durch intelligente Edge-Controller für eine nachhaltige Stahlproduktion”, so der etwas sperrige Titel des Projekts, kurz FLECSI.
Doch, worum geht es genau? Einfach gesagt: darum, besonders energieintensive Prozesse zukünftig so planen zu können, dass sie in Zeiträumen durchgeführt werden, in denen die für den Prozess benötigte Energie besonders günstig ist bzw. in denen viel Strom zur Verfügung steht, der aus regenerativen Energien gewonnen wurde. Denn während man als Privatverbraucher oftmals langfristig ein vertraglich vereinbartes Entgelt für seinen Strom oder sein Gas bezahlt, sind Unternehmen nicht immer und ausschließlich an solche Verträge gebunden, sondern kaufen ihren Strom beispielsweise am Spotmarkt – vereinfacht gesagt: einer Börse, an der Strom gehandelt wird. Da hier wie an allen Börsen Angebot und Nachfrage den Preis bestimmen, kann es allein im Tagesverlauf zu massiven Preisschwankungen kommen. Der Strompreis spiegelt dabei in Europa immer mehr die Verfügbarkeit von regenerativen Energien wider, die in Zeiten von viel Wind und viel Sonne oft schon im Überfluss zur Verfügung stehen.
Industriebetriebe haben jedoch einen eher konstanten Strombedarf, der sich insbesondere nach den Prozessen und Kundenbedürfnissen richten muss. Das zu optimieren, ist das Ziel von FLECSI. Die Herausforderung dabei: In Betrieben wie Kuhn Edelstahl mit wenig Serien- und dafür viel Individualfertigung und sehr komplexen Prozessen, ist eine solche Aussteuerung schwierig. Hier setzt das Forschungsprojekt an.
Durch eine “anlagennahe Datenerfassung sowie die Bilanzierung produktspezifischer Material- und Energieströme” sollen Potenziale zur Flexibilisierung der Prozesse ermittelt werden. Ziel ist es auf dieser Datenbasis ein sogenanntes Edge-Controller-System zu entwickeln, das eine Flexibilisierung bzw. bessere Verteilung der Lastspitzen im Betrieb ermöglicht, um so Kostenoptimierungspotenziale ausschöpfen zu können. Für eine automatisierte produkt- und prozessindividuelle Aussteuerung soll dann eine Online-Anbindung des Systems an den Energiemarkt sorgen.
Neben der Reduzierung der Energiekosten für die Unternehmen, die das System zukünftig einsetzen würden, hat das Projekt auch einen gesellschaftlichen und ökologischen Mehrwert. Gelänge es flächendeckend, Energieströme in Zukunft besser an die Verfügbarkeit regenerativer Energien anzupassen, wäre das ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer rein regenerativen Energieversorgung. Würden Lastspitzen weniger hoch ausfallen, so dass die Notwendigkeit von zusätzlicher Energieerzeugung durch konventionelle Energieträger oder von Zukauf entfallen würde, wäre das besser für das Klima sowie für die Preisentwicklung und damit für den Verbraucher.
Das bis 2027 angelegte Projekt wird deshalb auch durch das EFRE/JTF-Programm des Ministeriums für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert. Weitere Informationen unter: https://www.ewl.wiwi.uni-due.de/forschung/forschungsprojekte-ewl/flecsi/
Das diesem Bericht zugrundeliegende Vorhaben wurde mit Mitteln des Ministeriums für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen unter dem Förderkennzeichen IN-EN-1-021a-f gefördert.